"Gravierendes Ungleichgewicht droht": EU-Pläne machen Südwestfalen Sorgen

Politik und Wirtschaftsvertreter mit Schreiben an Bundesministerien und Abgeordnete aus EU, Bund und Land.

Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft in Südwestfalen sind besorgt: Sie fürchten, dass künftig deutlich weniger EU-Fördergelder in der Region ankommen und Südwestfalen beim Strukturwandel gegenüber anderen Regionen in Nordrhein-Westfalen benachteiligt wird. Grund dafür sind Pläne der EU-Kommission. In einem Schreiben an die Landtags-, Bundestags- und Europaabgeordneten sowie an die Landes- und Bundesministerien weisen sie auf das drohende Ungleichgewicht hin – und bitten um Unterstützung.

"Die aktuellen Pläne der EU-Kommission können uns nicht schmecken. Wir sehen die Gefahr, dass die Industrien ungleich behandelt und ungleich unterstützt werden – auch in Nordrhein-Westfalen. In den nächsten Wochen und Monaten fallen in Brüssel Entscheidungen. Wir müssen darauf hinwirken, dass dieses Ungleichgewicht nicht durchkommt", sagte Dr. Karl Schneider, Landrat des Hochsauerlandkreises als Aufsichtsratsvorsitzender der Südwestfalen Agentur.

Sonderprogramm der EU blockiert Mittel für Südwestfalen

Woher kommt der Unmut? Die EU-Kommission möchte mit dem sogenannten "Green Deal" den klimafreundlichen Umbau in der Wirtschaft fördern. Sie plant dafür einen Fund einzurichten mit bis zu 20 Milliarden Euro. Südwestfalen lenkt dabei das Augenmerk in dem Schreiben aus Olpe auf zwei Punkte: Woher kommt das Geld und wer oder was wird damit gefördert.

Im Moment ist dieses Sonderprogramm vor allen Dingen für Kohleregionen und die Schwerindustrie geplant – Industrieregionen wie Südwestfalen kämen erst einmal nicht zum Zug. "Schlimmer aber ist, dass dieses Sonderprogramm nur deshalb so prall gefüllt ist, weil an anderer Stelle Geld geblockt oder weggenommen wird. Und zwar beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Vereinfacht gesagt müsste Nordrhein-Westfalen Geld für Kohleregionen blocken, was eigentlich für ganz NRW gedacht ist", ergänzte Dr. Schneider.

Um es mal einzuordnen: Mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) wurden und werden in der Region dutzende Projekte angestoßen. So konnte beispielsweise das Automotive Center in Attendorn gebaut und touristische Maßnahmen an den Sauerland-Seen umgesetzt werden. Nun droht ein Ungleichgewicht in Nordrhein-Westfalen zu Lasten Südwestfalens.

Unterstützung für Südwestfalen als stärkste Industrieregion NRWs fehlt

"Wir sind die stärkste Industrieregion in Nordrhein-Westfalen und unsere Wirtschaft wandelt sich in allen Bereichen: vor allem bei Automobilzulieferern sowie Sondermaschinenbauern und metallverarbeitenden Unternehmen. Für uns wäre es ein fatales Signal, wenn die Mittel kurz- und mittelfristig beschnitten würden", erklärte Maik Rosenberg, Geschäftsführer beim Attendorner Weltmarktführer aquatherm und Vorsitzender des Vereins "Wirtschaft für Südwestfalen", dem mittlerweile mehr als 360 Unternehmen aus der gesamten Region angehören. "Wir wollen unsere Industrieregion in die nächste Generation führen und möchten auch gerne einen Beitrag zum 'Green Deal' leisten. Da darf die Unterstützung nicht ausbleiben. Nicht von der EU, nicht vom Bund und nicht vom Land NRW."

Die EU-Kommission entscheidet in den nächsten Wochen und Monaten final, wie und wofür sie Geld einsetzen möchte. Daher schrieben die fünf Landräte Südwestfalens und der Verein "Wirtschaft für Südwestfalen" als Gesellschafter der Südwestfalen Agentur die südwestfälischen Abgeordneten bei Land, Bund und EU sowie die Wirtschafts- und Finanzministerien in Düsseldorf und Berlin an. "Wir vermissen im Moment das Signal, Industrieregionen wie Südwestfalen im Strukturwandel zu begleiten und zu unterstützen. Da erwarten wir auch ein klares Signal von der Landesregierung", führte Rosenberg weiter aus. Die Kohleregionen in NRW erhalten bereits 40 Milliarden vom Bund. Das EU-Geld käme noch hinzu. "Uns geht es nicht darum, Regionen gegeneinander auszuspielen. Allerdings: Wenn man Geld vergibt, sollte auch verantwortlich damit umgegangen werden."

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